Der Fußball-Kaiser in Tabarz Porträt
Eine Fußballzeitreise mit Ehrengästen bereichert die 125-Jahr-Feier des örtlichen Sportvereins. Anekdoten von Früher und Jetzt finden großen Anklang. In der Inselsberggemeinde feiert man noch bis zum Sonntag eine ganze Woche lang das 125-jährige Bestehen des Tabarzer Sportvereins. Jeden Tag bietet eine andere Sportabteilung einen öffentlichen Programmpunkt an. Am Dienstag drehte sich fast alles um den Fußball. Der Tabarzer Marcel Wedow, Gründer der schon längst nicht mehr kleinsten Fußballausstellung der Welt, öffnete am Nachmittag die Türen zur seiner Fußballer-Devotionalien-Schau und präsentierte anschließend auf dem Platz unter der Linde sportliche Ehrengäste und entfachte mit ihnen eine Diskussion über den Sport und das Leben neben dem Sport. Rund 100 Besucher nahmen auf den Bänken Platz. Der erste "Star" des Abends war ein echter Tabarzer. Der im letzten Jahr seinen 75. Geburtstag feiernde Heinz Schönemann ist dem Fußball, und dabei vor allem dem Fußballnachwuchs im Kreis heute noch eng verbunden. Als am Dienstagabend ein kurzer Regenschauer vorüberzog, lieh Schönemann seinen Regenschirm sofort einer Gruppe junger zuschauender Fußballer. Schönemann begann 1947 bei der SG Aufwärts Tabarz zu spielen und gab einige Anekdoten zum Besten. Besonders stolz war Moderator Wedow, dass es ihm gelungen war, den Fußball-Kaiser nach Tabarz zu holen. Nicht Beckenbauer war da, der feierte am selben Tag seinen 67. Geburtstag in München, sondern Manfred Kaiser aus Gera. Der 83-Jährige war einst einer der gefragtesten Fußballspieler in der DDR. Er wurde in 31 Länderspielen eingesetzt und erlangte Berühmtheit, als er beim deutsch-deutschen Meisterduell 1956 vor über 110 000 Zuschauern im Leipziger Stadion gegen den 1. FC Kaiserslautern spielte - und mit 3:5 verlor. Kaiser schwärmte von Gegenspieler Fritz Walter, der bei dem besagten Meisterduell mit der Hacke das "Jahrhundert-Tor" erzielte. "Walter war ein ähnlicher Spieler wie ich. Schnell, technisch stark und vorausschauend spielend. Wir standen noch lange im Briefwechsel", verriet Kaiser. "Manni" Kaiser zog symbolisch seinen Hut vor der privaten Fußballausstellung im Haus von Marcel Wedow. Seit einiger Zeit hängt bereits ein Trikot aus seiner Zeit beim SC Wismut Karl-Marx-Stadt, dem Vorläufer von Wismut Aue, in der Ausstellung. Ein weiterer Ehrengast war Rüdiger Schnuphase. Der heute 58-Jährige war einer der wenigen Spieler, die jemals vom FC Rot-Weiß Erfurt zum FC Carl Zeiss Jena wechselten. "Das war wirklich ein Wechsel aus freien Stücken, ich wurde nie gezwungen", beteuerte der 45-fache Nationalspieler noch einmal. Jena sei damals einfach sportlich erfolgreicher und für seine Entwicklung besser gewesen. Darüber konnten seine Tischnachbarn Andreas Sponsel (Torwart des FC Rot-Weiß Erfurt) und Marco Engelhardt (Erfurter Mittelfeldspieler) natürlich nur schmunzeln. Die beiden aktiven Fußballer sprachen recht offen über ihr Leben. So erfuhren die Gäste, dass der gebürtige Bad Langensalzaer Engelhardt die englische Fußballkultur liebt, ihn aber ein Trainerjob überhaupt nicht reizen würde. Der derzeit in Erfurt die Ersatzbank drückende Tormann Sponsel sah sich direkt der bohrenden Frage eines kleinen RWE-Fans ausgesetzt. "Andreas, warum bist du nicht mehr die Nummer eins im Tor", fragte Nico Gasterstedt aus Seebach, der selbst gern als Torwart spielt. Sponsel gab zu, dass ihm die Entscheidung des Trainers schon bedrücke, er aber um den ersten Platz zwischen den Pfosten kämpfe. "Hauptaugenmerk ist aber immer das Mannschaftsergebnis", so Sponsel. Nur auf den ersten Blick passte die ehemalige Radamazone Vera Hohlfeld überhaupt nicht in die Fußballerrunde, doch Wedow hatte auch für die Olympiavierte von Atlanta (1996) sich ein paar Fragen ausgedacht. Die Zuschauer erfuhren, dass Hohlfeld nur zum Radsport kam, weil sie immer die Jungs bei den Klassenfahrten mit dem Rad abhing. Natürlich kam man auch auf das Thema Doping zu sprechen. Die Waltershäuserin gab zu, in ihrer aktiven Zeit öfters das Gefühl gehabt zu haben, selbst betrogen worden zu sein, empfahl aber, die Dopingsuche nicht nur auf den Radsport zu fokussieren. Schließlich warb Hohlfeld für "ihr Baby", die Thüringenrundfahrt der Frauen, eines der bedeutendsten Etappenrennen der Welt für Rennfahrerinnen. Der Abend blieb bis zum Schluss kurzweilig und es darf vermutet werden, dass dies nicht die letzte Einladung von Marcel Wedow war. "Das war schon bundesligareif", erkannte Tabarz' neuer Kurdirektor David Ortmann an. Dirk Bernkopf / 13.09.12 / TA |
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