Ein Deutsches Fußball Museum mit Licht und Schatten

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Aktivitäten

Jens Hirschfeld (2. Vorstand) berichtet über seine Eindrücke vom Besuch im Fußballmuseum Dortmund am 24.10.2015:

Das Deutsche Fußball Museum in Dortmund ist auf den ersten Blick sehr beeindruckend. Näher betrachtet wird aber die Grundidee eines Museums und dessen Nachhaltigkeit verdrängt durch Multimedia und Kommerz.

Wer Dortmund per Bahn besucht, den Haupteingang des Bahnhofes in Richtung Stadtzentrum verlässt und nach halbrechts schaut, sieht es in unmittelbarer Nähe am Königswall 21 stehen: Das Deutsche FUSSBALL MUSEUM Dieses 43 Millionen Euro (Brutto) Gebäude macht durch ein farbenfrohes Reklameband gleich auf sich aufmerksam.Man sieht diesem Museum aber nicht an, dass der Steuerzahler durch das Bundesland NRW 22 Millionen aufgebracht hat.

WIR ( Marcel Wedow und Jens Hirschfeld ) dürfen einen Tag vor der offiziellen Eröffnung ins Museum und einen tiefen Einblick nehmen. Dafür bedanken wir uns recht herzlich bei den Sportfreunden des SC Leinefelde. Übrigens wird dieses Museum betrieben von der DFB-Stiftung Deutsches Fussballmuseum g GmbH.

Gleich am Eingang werden wir höflich darauf hingewiesen, dass im Museum ein striktes Film - und Fotoverbot besteht. Wir sind etwas verwirrt. Deshalb gibt es zu diesem Bericht auch kein Bildmaterial vom Inneren des Museums.

Der 1. DFB-Vizepräsident Amateure Dr. Rainer Koch, DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel und Museumsdirektor Manuel Neukirchner begrüßten am Samstag, 24. Oktober, rund 300 Mitglieder aus 25 Amateurvereinen im Deutschen Fußballmuseum. Die aus allen DFB-Regionalverbänden angereisten Vertreter der Vereinsbasis hatten im Zuge ihrer erfolgreichen Teilnahme an der DFB-Ehrenrunde eine Einladung zu einem exklusiven Ausstellungsrundgang vor der Publikumseröffnung erhalten.

Natürlich wurde von diesen Funktionären auch die momentane Situation des DFB und der FIFA angesprochen. Doch es ist ein Nackenschlag für jeden Ehrenamtler, wenn man hört, wie diese Herren sich gegenseitig mit "Watte-Bällchen" bewerfen.

Doch zurück zum Ausstellungsrundgang:

Durch fehlende Hinweisschilder liefen fast alle Besucher erst einmal in die falsche Richtung. Über eine Rolltreppe kamen wir in den oberen Teil des Gebäudes. Hier begrüßte uns gleich in mannsgroßen Figuren die legendäre Weltmeisterelf von 1954, umrahmt von persönlichen Gegenständen dieser Helden von Bern. In der Mitte eine Glasvitrine mit dem Endspielball von 54. Erste Zweifel kommen auf. Sieht man sich ältere Aufzeichnung an, so sah dieser Ball doch irgendwie etwas anders aus.

Ein paar Schritte weiter in einer kleinen Zelle. Auf einem alten Fernsehgerät kann man sich die Ausschnitte des 54er Finalspiels anschauen. Das Mikrofon von Herbert Zimmermann fehlt leider, obwohl ein Hinweisschild vorhanden ist. Gleich daneben wird auf den damaligen Schraubstollenschuh von Adi Dassler verwiesen. Aber leider nicht, in keinster Weise, auf den wahren Erfinder des Schraubstollenschuhs. Allgemein wird sehr wenig über die Geschichte und Entwicklung von Fußballschuhen oder Bällen präsentiert.

Im nächsten Abschnitt gibt es eine schlecht ausgeleuchtete linke Raumhälfte mit Trennwänden. Ihr gegenüber ist die rechte Hälfte super ausgeleuchtet mit Spiegelwänden. Schande über jene, die jetzt Böses denken, doch man wird das Gefühl nicht los, dass die DDR-Fußballgeschichte die Schattenseite der Deutschen Fußballhistorie ist. Und das nach über 25 Jahren Wiedervereinigung. Fußball-Legenden wie Manfred Kaiser, Dixie Dörner, Peter Ducke usw. finden kaum Beachtung in diesem linken Raumabschnitt.

Traurig, aber bei vielen schönen und kostbaren Ausstellungsstücken fehlt einfach die Geschichte zur Sache. Obwohl es ca. 80 Museumsmitarbeiter gibt, so ist doch keiner in der Lage, konkrete Fragen zu beantworten. Der wiederholte Hinweis auf das strikte Film - und Fotoverbot erscheint da viel wichtiger.

Doch dann geht sie los, die virtuelle Multimediashow:

In einem rundlichen großen Vorraum verzaubern unzählige Beamer die Zuschauer mit Bildern und Filmszenen von der letzten WM in Brasilien. Beeindruckend ist das schon, da ein in der Mitte positionierter, überdimensionaler Ball als Leinwand verwendet wird. Nach diesem Spektakel läuft man ins 3D Kino. Dabei sollte man es nicht verpassen, den Schuh von Mario Götze auf der rechten Seite zu betrachten. Mit diesem Schuh hat der Super-Mario ein Sommermärchen geschrieben und eine ganze Nation verzaubert. Es ist mit einer Million Euro ja auch das wertvollste Ausstellungsstück, doch unscheinbar präsentiert, weil es eben kein Schuh von ADIDAS ist. Peinlich.

Im Kino wird der Schwerpunkt wieder auf 2014 gelegt, obwohl die anderen drei WM Titel genauso wertvoll sind und großartige Leistungen die Voraussetzung für diese Titel waren. `54; `74; `90 sind nur eine Randnotiz. Die Filminhalte wirken spektakulär auf den Zuschauer, sind aber jetzt im Begriff, sehr einseitig zu werden. Nach fünfzehn Minuten öffnet sich die Ausgangstür zur sogenannten "Schatzkammer", wo die WM Trophäen stehen. Natürlich in sicheren Vitrinen. Und ohne Spuren von unzähligen Fingerabdrücken, wie man sie auf allen anderen gläsernen Behältern vielfältig vorfindet. Hoffentlich hat das Deutsche Fußball Museum ein Jahresabo bei Sidolin. 

Anschließend im Taktikraum sind einige Beschreibungsschilder ungünstig platziert. Naja, wer braucht schon Taktik. Tore wollen die Leute sehen. Also ab in die Räumlichkeiten zur Geschichte der Bundesliga und deren Vereine, sowie auch der Männer in Schwarz (Schiedsrichter). Auch dort wird der Besucher abgelenkt von einem Karussellkino, wo lustige Szenen aus der Welt des Fußballspiels gezeigt werden. Doch Vorsicht, denn das Karussell kann auch schon mal zur Stolperfalle werden und einige blaue Flecken im Gesäßbereich hervor rufen. Wer jetzt noch Kondition hat und aufnahmefähig ist, denn bei intensiver Betrachtung aller Ausstellungsstücke vergehen schnell mal drei bis vier Stunden, der kann sich durch die vielen Namen von WM Helden und Bundesligaspielern arbeiten. Für die jüngeren Besucher ist dieser Raum wahrscheinlich nicht interessant. Ein paar Stufen abwärts durch eine Tür und schon steht man vor dem Bus der Deutschen Nationalmannschaft im Foyer des Museums. Die Firma MERCEDES-BENZ hat diesen Bus dem Museum überlassen, obwohl der DFB Tross nur ein paar Minuten damit gefahren ist. Ein Foto vor dem Bus mit Logo ist hier erlaubt. Und auch ADIDAS ist in einer Win-Win Situation, denn jeder Besucher muss durch den Adidas Shop, um das Museum zu verlassen und frische Luft zu schnappen.

Wir haben vor dem Ausgang die Besucher beobachtet und haben nicht nur zufriedene Menschen gesehen. Neugierig fragten wir auch einige Jugendliche bezüglich der Nachhaltigkeit, was sie beeindruckt hat. Multimedia Show war der Favorit der Antworten. Doch mit dem Namen Fritz Walter konnte keiner etwas anfangen.

Abschließend möchten wir uns nochmals bei unseren Sportfreunden aus dem Eichsfeld bedanken für diesen aufschlussreichen Nachmittag. Außerdem haben wir pro Person 17 Euro Eintrittsgeld gespart. Natürlich ist jedes Fußballmuseum ein Unikat, aber das 1.Thüringer Museum "Fussballzeitreise" in Tabarz braucht sich überhaupt nicht zu verstecken.

Fotos Jens Hirschfeld